Begabte Kinder sind häufig eine Freude für Eltern und Lehrer – ihre Neugier, ihre schnellen Auffassungen und ihre kreativen Ideen können bewundernswert sein. Doch ebenso wie jedes Kind, können auch hochbegabte Kinder vor Herausforderungen stehen, die ihre geistige und emotionale Entwicklung betreffen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass begabte Kinder nicht zwangsläufig Probleme haben – sie sind oft einfach anders. Doch wenn bei begabten Kindern Symptome von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) oder anderen psychischen Auffälligkeiten auftreten, können diese, wie bei jedem Kind, eine geeignete Unterstützung erfordern.
Begabte Kinder sind nicht automatisch problematisch
Es ist wichtig zu betonen, dass begabte Kinder nicht „problematisch“ sind oder mit psychischen Schwierigkeiten vorbelastet sein müssen. Im Gegenteil: Viele hochbegabte Kinder entwickeln sich völlig normal und haben keine ernsthaften Herausforderungen in ihrer emotionalen oder sozialen Entwicklung. Begabung bedeutet nicht automatisch, dass das Kind in seiner psychischen Gesundheit beeinträchtigt ist. In vielen Fällen sind begabte Kinder einfach besonders sensibel, hochmotiviert und zeigen eine einzigartige Wahrnehmung der Welt – und das ist ganz normal!
Doch wie bei jedem Kind können auch bei hochbegabten Kindern, besonders wenn sie sich in einem Umfeld befinden, das ihre speziellen Bedürfnisse nicht erkennt, psychische Auffälligkeiten wie ADHS, Ängste oder Depressionen auftreten. In solchen Fällen ist es wichtig, eine umfassende Unterstützung zu bieten.
AD(H)S und Auffälligkeiten bei begabten Kindern
ADHS ist eine der häufigsten Diagnose bei Kindern, die Schwierigkeiten haben, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren oder impulsiv zu handeln. Bei begabten Kindern kann sich ADHS jedoch anders zeigen. Aufgrund ihrer hohen Intelligenz können sie in einem normalen schulischen Umfeld manchmal unterfordert sein, was zu Frustration, Überaktivität oder unkonzentriertem Verhalten führen kann – Merkmale, die oft mit ADHS verwechselt werden. Daher ist es entscheidend, bei Auffälligkeiten sorgfältig zu prüfen, ob es sich um ADHS oder möglicherweise um andere Faktoren handelt, die das Verhalten beeinflussen.
Wenn ADHS oder andere psychische Auffälligkeiten diagnostiziert werden, gibt es eine Reihe von Therapieansätzen, die für begabte Kinder in Betracht gezogen werden können.
Therapieansätze für begabte Kinder mit AD(H)S oder psychischen Auffälligkeiten
- Verhaltenstherapie Die Verhaltenstherapie hilft Kindern, Verhaltensmuster zu erkennen und zu verändern. Bei begabten Kindern kann dieser Ansatz besonders effektiv sein, da sie in der Lage sind, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und ihre Emotionen und Gedanken differenziert wahrzunehmen. In der Verhaltenstherapie lernen Kinder, ihre Impulse zu kontrollieren, ihre Aufmerksamkeit besser zu fokussieren und geeignete Strategien zu entwickeln, um ihre Herausforderungen zu bewältigen.
- Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) Für begabte Kinder, die neben ADHS auch mit Ängsten oder depressiven Symptomen zu kämpfen haben, kann kognitive Verhaltenstherapie hilfreich sein. CBT fördert die Fähigkeit, negative Denkmuster zu erkennen und durch gesündere Denkmuster zu ersetzen. Dabei können begabte Kinder oft sehr gut von der Struktur und dem klaren Vorgehen der CBT profitieren, da sie in der Regel ein gutes Verständnis für die logischen Zusammenhänge hinter ihren Gedanken und Gefühlen entwickeln können.
- Elterntraining und -beratung Begabte Kinder können in besonderem Maße von der Unterstützung ihrer Eltern profitieren. Elterntraining hilft, den Umgang mit den spezifischen Bedürfnissen von Kindern mit ADHS oder anderen psychischen Auffälligkeiten zu verbessern. Es geht darum, mit den Kindern geduldig zu sein, ihre Stärken zu erkennen und zu fördern, ohne sie zu überfordern. Gleichzeitig lernen Eltern, wie sie eine strukturierte und stabile Umgebung schaffen können, die für das Kind förderlich ist.
- Achtsamkeit und Entspannungstechniken Achtsamkeitstraining und andere Entspannungsübungen wie Yoga oder Meditation können begabten Kindern helfen, ihre innere Ruhe zu finden und mit Stress und Überforderung besser umzugehen. Insbesondere bei Kindern mit ADHS ist es hilfreich, wenn sie lernen, ihre Gedanken zu beruhigen und sich zu fokussieren. Achtsamkeit hilft dabei, die Aufmerksamkeit zu steigern und emotionale Regulation zu fördern.
- Schulische Förderung und Anpassungen Manchmal reicht eine therapeutische Unterstützung allein nicht aus, wenn das schulische Umfeld nicht auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht. Bei begabten Kindern kann es sinnvoll sein, schulische Anpassungen vorzunehmen, etwa durch die Integration von Fördermaßnahmen, die das Kind sowohl kognitiv als auch emotional herausfordern. Dies kann auch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Lehrkräften oder Schulpsychologen umfassen.
- Neurofeedback als Therapieansatz Neurofeedback ist eine vielversprechende Methode, die bei der Behandlung von ADHS und anderen psychischen Auffälligkeiten eingesetzt wird, und auch bei begabten Kindern zunehmend Beachtung findet. Dabei handelt es sich um eine Trainingsmethode, bei der Kinder lernen, ihre Gehirnaktivität bewusst zu steuern. Mit Hilfe von Elektroden werden Gehirnwellen gemessen und dem Kind in Echtzeit angezeigt. Das Kind kann dann lernen, seine Gehirnaktivität in eine gewünschte Richtung zu lenken – etwa durch Entspannung oder eine verbesserte Fokussierung. Bei begabten Kindern, die oft sehr hohe geistige Anforderungen an sich selbst stellen, kann Neurofeedback helfen, die mentale Energie gezielt zu steuern, ohne in Überaktivität oder eine Zersplitterung der Aufmerksamkeit zu geraten. Die Methode wird häufig als ergänzende Therapie zu anderen Ansätzen genutzt und hat sich als besonders hilfreich für Kinder erwiesen, die Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren oder ihre Impulse zu kontrollieren.
Begabte Kinder sind keineswegs per se von psychischen Problemen betroffen …
… viele entwickeln sich ganz normal und glücklich. Wenn jedoch psychische Auffälligkeiten wie AD(H)S bei einem hochbegabten Kind auftreten, ist es wichtig, diese Herausforderungen mit den richtigen therapeutischen Maßnahmen zu unterstützen. Dabei sollten alle Aspekte der kindlichen Entwicklung berücksichtigt werden: die Intelligenz, die emotionalen Bedürfnisse und das Umfeld.
Mit der richtigen Unterstützung, einem respektvollen Umgang und gezielten therapeutischen Ansätzen können begabte Kinder lernen, ihre Stärken zu entfalten und gleichzeitig mit den Herausforderungen umzugehen, die ihnen begegnen. Denn jedes Kind ist einzigartig – und es braucht den richtigen Rahmen, um zu wachsen.
Begabung: Kein Fluch, sondern eine Stärke
Ein kluger Kopf macht das Leben nicht komplizierter – oft sogar im Gegenteil. Hochbegabung bedeutet nicht automatisch Stolpersteine, sondern oft auch spannende Perspektiven, kreative Lösungen und eine tiefe Zufriedenheit. Wer seine Stärken kennt und sie gezielt einsetzt, kann ein Leben führen, das genau zu ihm passt.